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Grau musst du sein
Mitunter sind die Farben der Welt für mich unerträglich. Meine Augen wollen eine Pause machen und sich zurückziehen, mein Kopf verzehrt sich nach Einheitsgrau und regungslosem Schweigen. Laufe ich derzeit durch die Wälder – und wenn ich laufe, laufe ich immer durch irgendeinen Wald – dann ist knallendes Gelborange und tiefes Blutrot über mir, neben mir und sogar meine Füße waten durch einen brennenden Lavastrom. Die Sohlen meiner Schuhe ziehen klebrige Fäden, scheinen sich aufzulösen und halten mich am Boden. Das Laub ist zu einer Galerie aus gleißendem Licht geworden, ein Zeittunnel, der Ohnmachtsblitze auf meine Netzhaut bringt und mich orientierungslos vor sich hertreibt. Und selbst wenn ich vor Schmerzen…
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Kein Einsamlauf
Heute bin ich niemandem begegnet auf meiner Runde und das, obwohl ich doch länger unterwegs war. Aber da war niemand. Es mag daran gelegen haben, dass ich für meinen Lauf eine ohnehin eher abgelegene Strecke gewählt hatte, an der Donau entlang, aber nicht in Richtung Stadt, wie ich im Sommer so gerne laufe, über die Stadtmauer, über einen Teil des Festungswegs, sondern in die entgegengesetzte Richtung, zwischen Fluss und Wald und später dann über unattraktive um diese Jahreszeit gerne mal matschige Feldwege. Aber vor Hundespaziergängern, Kinderwagenschiebern oder natürlich anderen Läufern, ist man doch eigentlich nirgendwo sicher. Heute war zudem noch dichter Nebel, der sich über meine Welt gelegt und sie…
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Sein Gesicht, wie das Aussehen eines Blitzes
„Du musst kämpfen“, mit diesen Worten begrüsst er mich heute. Dabei hat er mich noch nicht mal gesehen, denn ich stehe hinter ihm, in seinem Rücken und ich bin leise gegangen, ich habe Turnschuhe an, also kann er meine Schritte nicht gehört haben.„Lass mich bloß in Ruhe damit“, sag‘ ich in den Raum hinein und laufe unter ihm hindurch. Und ich drehe mich nicht um zum ihm, ich will nicht, dass er mir ins Gesicht sieht. Keine Ahnung, ob er jeden so anquatscht, mit mir macht er das jedenfalls fast immer. Ich scheine ein leichtes Opfer zu sein. Manchmal geh‘ ich deshalb extra über eines der Seitenschiffe nach vorne, er…
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Es läuft nicht, aber …
Es läuft nicht, aber … Dieses Jahr läuft es nicht. Diese Laufsaison ist definitiv nicht meine, irgendwann im August schon war die Luft raus, der Ehrgeiz flötete sich einen, der Spaß hing in den Seilen, die Beine schwer und dauermüde, der Kopf im Modus „Ich kann nicht – ich kann nicht – ich kann nicht“ und irgendwann „Ich will auch nicht“. Und ist man erstmal drin im Jammern, dann kramt man jede nur erdenkliche Ausrede hervor, zumindest vor sich selbst, um absolut nichts ist man verlegen, eine Rechtfertigung muss her, damit es sich leichter leben lässt. Und so war ich vor gut einer Woche auch nicht am Start…
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Die Tarnkappe in der Hand …
Mit gebrauchten Schreibgeräten ist das mitunter so eine Sache. Man weiß nie, ob sie ihrem Vorbesitzer nachtrauern. Auf Flohmärkten und auch auf diversen Internetverkaufsplattformen halte ich immer mal wieder Ausschau nach gebrauchten Füllern. Dabei sind die Objekte meiner Begierde meist bestimmte Füller einer gewissen Ära oder einer gewissen Marke und meist freut es mich schon, sie überhaupt ausfindig gemacht und gefunden zu haben und da sie zugegebenermaßen fast immer die Möglichkeiten meines Geldbeutels übersteigen, belasse ich es auch meist dabei und begnüge mich damit, sie glückselig zu betrachten. Immer wieder bleibt mein Blick dabei auch an Raritäten einer mir vielleicht zunächst unbekannten Marke hängen, deren Design mich berüht,…