• Narrensprung

      „Die Farben, sie gehören uns, das Lachen, es ist für uns, vor Freude springen, das machen nur wir, nichts geben wir dir davon ab“, sagen die Narren, „du bist schwarz, deine Füße marschieren im Gleichschritt, deine Schreie reisen Münder auf, dein Schluchzen tränkt den Boden, auch heute füllen sich die Krater, die deine Bomben in das Leben sprengen, mit Tränen.“ „Ja“, antwortet der Krieg, „und ich werde es immer sein.“

  • Traumland ist abgebrannt

    „Du bist genau wie ich“, zischt er. „Ich gehöre in die Welt der Träume, nur dort bin ich am Leben, nur dort kann ich meine Flügel ausbreiten. Vor mir kannst du es ruhig zugeben, du weißt eigentlich nicht, wann deine Träume ihren Anfang nehmen und wann sie enden, deshalb träumst du auch mit offenen Augen.“ Seine lispelnde Stimme holt mich zurück. „Weißt du eigentlich, dass du schon eine gute halbe Stunde hier stehst und mich anstarrst. Ich mag das nicht so gerne.“ Sein Atem steigt in meine Nase, er riecht verbrannt, mein Gesicht wird warm davon, es tut gut. „Ich weiß, entschuldigung, hab‘ ich gar nicht gemerkt, willst du ein…

  • Und fürchtet den Nachhall

    „Hei, pssst, bist du noch da oder haben sie dich mitgenommen?“, ich bücke mich über das Absperrband und hebe die Plane ein wenig hoch. Seine Füße sehe ich, den Saum seines Gewands. Also da ist er jedenfalls noch. „Wow, sie machen ja ganz schön Tammtamm um dich. Hättest du dir das jemals träumen lassen vor fünfhundert Jahren? Martin, das wird definitiv dein Jahr. Ich sag dir mal was, die Buchmesse war voll von Büchern über dich. Schlaue Leute haben sich schlaue Gedanken über dich gemacht. Ich würde sagen, du hast es geschafft.“ Es ist ein Freitag Vormittag, draußen auf dem Münsterplatz wird schon der Weihnachtsmarkt aufgebaut, die große Tanne steht…

  • Das erste …

      Ein erstes Jahr mit Marie, ein erstes Jahr Worte malen. Danke an alle, die sich Zeit genommen haben, um zu lesen, um zu schauen, um mir Nachrichten zu schreiben, um zu kommentieren.

  • Wegweiser

    Ich hatte es schon bei meinen zwei letzten Läufen liegen sehen. Es hatte an der Seite des Fußweges gelegen, halb hatte es sich im Gras verhakt, halb hatte es einen der vielen Kiesel abgedeckt, über die ich gerne mal stolpere, wenn ich meine Füße nicht hoch genug hebe. Das passiert hin und wieder, wenn ich unaufmerksam vor mich hin trabe, mein Geist meinen Gedanken nachfliegt und ich die Bodenhaftung verliere. Ein weißes Stofftaschentuch mit einem blauen Rand, glatt gebügelt, exakt Ecke auf Ecke, Kante auf Kante gefaltet, ganz offensichtlich unbenutzt, blütenweiß, der Regen der letzten Tagen schien ihm nichts angehabt zu haben. Bei unserem ersten Blickkontakt hatte ich es nur…