Doppelschlag

Als ich das Eintauchen des Blattes im Wasser höre, ist er auch schon neben mir und mit dem nächsten Mal Durchziehen bereits hat er mich überholt und ich kann ihm direkt ins Gesicht sehen.

Man sitzt rückwärts beim Rudern, schon klar, aber wie kann man ein Ziel erreichen, wenn man es nicht vor sich sieht und seine Entfernung nicht abschätzen kann? Die Gefahr ist groß, dass einem die Kraft ausgeht, weil man zu früh losspurtet und alles gibt, und man es deshalb gar nicht mehr bis über die Linie schaffen wird, oder aber dass man mit Karacho hineindonnert und mit Übermut und Überschuß das eigentlich Bestreben mit der Ankunft zerstört.

Ich würde mich wahrscheinlich die ganze Zeit umdrehen und mit meinem Gehampel, das Boot zum kentern bringen. Ob ich dann noch ankäme, bliebe mal dahingestellt. Jedenfalls gehört großes Vertrauen in diese Art des Vorankommens.

Er sieht konzentriert aus, seine Bewegungen sind gleichmäßig. Beim Eintauchen stoßen die Ruderblätter auf beiden Seiten das Wasser an und schicken Kreise los, die sich wie sichtbar gewordene Schallwellen in erhabenen Ringen fortpflanzen, ihren Radius vergrößern, um sich schließlich wieder glatt und unsichtbar auf das Wasser des Flußes zu legen und nicht mehr auszumachen sind.

„Schön, sieht das aus“, denke ich, „und es ist, als wenn das Wasser die Kraft aufwendet und das Boot samt Insasse nach vorne schiebt und nicht etwa der Ruderer sich anstrengen muss.“ Ich schaue nach unten auf meine vor sich hintrabenden Füße. Ich laufe wohl irgendwie in den Boden hinein, meine Energie scheint unter mir zu verpuffen. Michanschieben, Distanzmachen, das muss ich selbst der Weg unter mir scheint mir eher Energie zu nehmen, als sie mir zu geben. „Wie ungerecht“, sag‘ ich laut vor mich hin. Dann bücke ich mich, berühre mit dem Zeigefinger den warmen Asphalt des Radweges, auf dem ich laufe und hebe einen Kiesel auf, „und dabei bist du doch viel härter und stärker als ich, es wäre ein Leichtes für dich.“ Mit diesen Worten werfe ich den Stein ins Wasser. Mit einem kurzen Blop geht er unter und löst einen kaum sichtbaren Minikreis aus, „Oder auch nicht“, rufe ich ihm hinterher.

Auf dem Nachhauseweg kommt es mir so vor, als würde ich ein bisschen schneller laufen, als sonst. Irgendwie geht es leichter.

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